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La rue volta

Tiare & Tamure

Wie Löwen

 

 

Die drei Kurzgeschichten handeln von den Abenteuern einer jungen Frau in Frankreich, dem Pazifik und Italien, mit stark gesellschaftskritischem Hintergrund.´Wie Löwen´ ist ein Auszug aus ´Licht über Kreta´. Alle Einnahmen aus dem Verkauf des ebooks gehen an zwei Projekte für Straßenkinder. Warum, das könnt ihr direkt in der ersten der drei Kurzgeschichten erfahren. Danach geht es schon weiter in den Pazifik, zum Tamure tanzen. In der letzten shortstory reisen wir nach Venedig und erfahren mehr darüber, warum auch Goethe Venedig so liebte.

 

 

 

Leseprobe

 

 

TAIRE & TAMURE

 

 

"Komm jetzt.", rief Tiare, als der Trommelwirbel vorbei war.

 

"Komm zu mir!", rief sie mir zu und strahlte dabei über ihr ganzes Gesicht, als ob sie soeben eine große, rosa Südseeperle gefunden hätte.

 

Ich war überhaupt nicht begeistert von ihrer Idee, mit ihnen bei den Abendvorstellungen für Touristen aus aller Welt zu tanzen. Aber den Wunsch konnte ich ihr dennoch nicht abschlagen. Normalerweise wären jetzt alle schnell wieder zurück zum kleinen Dorfplatz durch den Regen ins Haupthaus gelaufen oder bei Sonnenschein an den Strand spaziert. Nun aber gab es etwas zu lachen und somit blieben alle an der Bühne. Ich ging zu Tiare, die mich am Arm packte und vor sich zog. Ich sollte mich genau vor sie stellen.

 

Tiare grinste und fragte:  "Bist du bereit?"

 

"Ja!", war meine verzagte Antwort.  

 

Langsam und sanft schwang Tiare ihre Traumhüften nun eine Zeit lang nach vorne und nach hinten. Anschließend schwang sie sie dann nach rechts und links und sah mich dabei glücklich an. Ich versuchte es ihr nachzumachen, doch waren meine Bewegungen bei Weitem, wirklich nicht einmal annähernd, so fließend, wie ihre. Tiares Hüften tanzten wie wogende Meereswellen im Wind nach vorne und nach hinten und nach rechts und nach links. Ich stand vor ihr und kam mir vor wie eine alte, verknöcherte Eiche. Tiare versuchte es weiter mit Kreisen. Rechts, hinten, links, vorne, erst langsam, dann schneller, dann schütteln. Ich machte tapfer weiter, auch wenn ich mir wirklich dumm dabei vorkam.

 

Schließlich kam mir sogar mein Gesichtsausdruck blöd vor und das hatte wohl nicht nur ich so empfunden. Die ersten meiner neuen Freunde um uns herum begannen bereits laut zu lachen. Genau genommen versuchten sie eigentlich von Anfang an ihr Lachen zu unterdrücken, wodurch sie nun erst recht losprusten mussten. Ihr Lachen war so ansteckend, sodass auch Tiare und ich irgendwann laut lachten und nicht mehr weitermachen konnten. Tiare und ich lachten schließlich Tränen und nur langsam beruhigten wir uns wieder. Die Mädchen erklärten mir es sei nur eine Frage der Übung und ermutigten mich es weiter zu versuchen.

 

Nun wollten mir alle auf einmal helfen! Links und rechts wurden meine Arme gepackt und von hinten griff jemand meine Hüfte. Drei der Männer sprangen zu ihren Trommeln und nahmen sie in die Hände. Trommelwirbel!!! Dann wurde von demjenigen hinter mir meine Hüfte geschüttelt, wie sie noch nie zuvor geschüttelt wurde. Links und rechts rissen zwei der Tahitianerinnen an meinen Armen und schüttelten sie.

 

Vor mir stand Tiare und schüttelte nun ihr wundervolles Becken gegen meins. Beinahe liefen mir erneut die Tränen vor lauter Lachen übers Gesicht. Alle der achtzehn Tahitianer um mich herum begannen nun laut zu singen, zu trommeln und zu tanzen. In einem Bruchteil einer Sekunde schien ein totales Chaos ausgebrochen zu sein. Ein Chaos, in dem ich urplötzlich meine Hüfte frei bewegen konnte...

 

 

Foto Lisa Michaelis